Qualifikation der Lehrkräfte an Schulen für Hörgeschädigte

Dienstag, 21. April 2020 | Stellungnahme

Der Deutsche Fachverband für Gehörlosen und Schwerhörigenpädagogik (DFGS) fördert die Erziehung und Bildung Gehörloser, Schwerhöriger und Ertaubter. Besonderer Schwerpunkt ist dabei die bimodal-bilinguale Bildung unter Berücksichtigung der Deutschen Gebärdensprache. 

Viele Bildungseinrichtungen für Menschen mit Hörschädigungen beklagen einen Mangel an geeigneten Lehrkräften. Die Folgen sind u.a. offener und verdeckter Unterrichtsausfall, Zusammenlegung von Klassen sowie überlastete Lehrkräfte. Als Gegenmaßnahmen werden Lehrpersonen beschäftigt, welche nicht über die erforderliche Fachlichkeit verfügen. Dies geschieht zum einen oftmals aus der Not heraus offene Stellen überhaupt besetzen zu können und zum anderen aus personell-strukturellen, organisatorischen oder finanziellen Gründen, da Lehrkräfte, die von anderen Schularten versetzt werden ohne die erforderlichen (Nach-)Qualifizierungen eingesetzt werden. 

Die Lehrkräfte der Bildungseinrichtungen für Hörgeschädigte haben die besondere Aufgabe, die kommunikative Barriere im Lernprozess abzubauen und so gleiche Chancen beim Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Lehrer*innen müssen die Schüler*innen verstehen können und sich ihnen verständlich machen können. Dies geschieht zum einen durch eine Unterstützung des Hörens insbesondere mit Hörtechnik, eine angepasste Didaktik und Methodik und zum andern durch einen bilingualen Unterricht unter Verwendung von Gebärdensprache als vollwertiger Bildungssprache. 

Für die Arbeit mit Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation ist u.a. eine ausreichende und nachgewiesene Kompetenz in Deutscher Gebärdensprache unbedingt erforderlich. Bei der Einstellung von Lehrkräften und pädagogischem Personal müssen die entsprechenden pädaudiologischen, gebärdensprachpädagogischen und methodisch-didaktischen Kompetenzen berücksichtigt werden. Ohne diese förderschwerpunktspezifischen Kompetenzen der Pädagog*innen ist weder eine Beschulung in einem Förderzentrum Hören und Kommunikation noch eine Unterstützung im gemeinsamen Unterricht der mobilen Dienste zu begründen. 

Die Leitungskräfte der Schulen müssen mindestens die gleichen Kriterien erfüllen wie ihre Lehrkräfte. Sie entscheiden über die pädagogische Ausrichtung und Ausstattung der Schule, nehmen dienstliche Beurteilungen der Lehrkräfte vor und vernetzen sich mit anderen Professionen (z.B. HNO-Ärzte, Akustiker, Logopäden) sowie den Selbsthilfeorganisationen der Hörgeschädigten. 

Die o.g. förderschwerpunktspezifischen Kompetenzen werden in einem umfassenden und langjährigen Studium erworben und im Referendariat sowie im weiteren Berufsleben vertieft. Eine allgemeine sonderpädagogische Qualifikation ersetzt dabei nicht die spezifische Expertise, die für die Bildung hörgeschädigter Schüler*innen erforderlich ist. 

Der DFGS begrüßt ausdrücklich die bestehenden Weiterbildungsmöglichkeiten an den Universitäten und Lehrkräfteakademien sowie die Fortbildungen der Fachverbände. Maßnahmen zur ausreichenden und flächendeckenden Qualifizierung in Deutscher Gebärdensprache müssen weiter ausgebaut werden. Quereinsteiger*innen und professionell gemischte Teams sind eine wertvolle Ressource für eine moderne Schule. Voraussetzung für pädagogische Vielfalt ist aber das grundlegende Verständnis für den besonderen Spracherwerb und das sprachliche und pädagogische Handwerkszeug zum Abbau der kommunikativen Barrieren.